Nach einer unruhigen Nacht beginnen die Vorbereitungen für die große Fahrt. Wir packen unsere Rucksäcke, sortieren Sachen aus die wir auf der Reise nicht brauchen und duschen noch mal richtig ausgiebig. Da ich in den letzten Tagen leichten Durchfall hatte, schmeiße ich mir eine Darmverschlusstablette. Ich möchte meinen Durchfall ungern auf irgendwelchen Zugtoiletten fortsetzen.
Abends um 20 Uhr geht es zum Bahnhof. Unser Zug fährt um 21.45, aber wir müssen uns ja auch noch orientieren. Unser Zug steht bereits am Gleis und so nehmen wir schon mal unsere Plätze in Beschlag. Hm, der Geruch im Zug ist umwerfend. Es richt wie in den Unterführungen der meisten deutschen Bahnhöfe. Die Ventilatoren sorgen auch nicht für bessere Luft, sie quirlen das Ganze nur schön durch. Wir schalten sie schnell aus.
Damit die weiteren Schilderungen verständlich werden, schiebe ich eine kurze Beschreibung des Wageninneren ein. Dazu ist anzumerken, das wir Tickets für die so genannte „Sleeperclass“, die günstigste Schlafwagenklasse gebucht haben. Ein Wagon umfasst 56 Liegen. Diese gliedern sich in Einheiten von acht. In Fahrtrichtung links vom Gang befinden sich sechs, jeweils drei übereinander, getrennt durch einen schmalen Gang. Die verbleibenden zwei sind auf der anderen Seite des Hauptganges. Natürlich sind auch sie übereinander. Tagsüber werden die mittleren bzw. die unteren Liegen (auf der 2-er Seite) umgeklappt, so dass man sitzen kann.
Und genau das macht die Sache für uns interessant. Denn allmählich füllt sich der Zug. Wir haben viel über überfüllte Züge gehört, doch zu unserer Überraschung sitzt auf jedem Platz nur einer. Wenig später setzen wir uns in Bewegung und das Abenteuer Bahnfahrt in Indien beginnt. Doch kurz darauf halten wir schon wieder am nächsten Bahnhof und mehr Leute drängeln hinein. Jetzt sind es plötzlich 11 Leute für acht Plätze. Wir sorgen uns echt, ob wir richtig sitzen. Aber ein Blick auf das Ticket zeigt: Sitz 17, 18 – wir sind richtig. Daraus ergibt sich, dass eine der unteren Liegen und die Darüberliegende unser temporärer Besitz sind. Ob die anderen sich daran halten?
Nach einer Weile taucht ein Schaffner auf und streicht unser Ticket ab. Also sind wir auch offiziell richtig. An der Situation im Abteil ändert sich aber vor erst nichts. Wir fragen uns, was wir tun wenn die anderen Fahrgäste eine unserer Liegen belegen wollen. Doch diese Überlegungen sind umsonst, denn nach einer Weile beginnt der Schaffner die überzähligen Leute auf freie Liegen zu verteilen. Dabei kommen dann manchmal zwei Leute auf eine Liege. Aber niemand macht uns unsere Liegen streitig. Kurz darauf werden die Liegen heruntergeklappt uns wir legen uns schlafen.
Ich finde man liegt überraschend gut, obwohl ich in der Nacht häufiger aufwache. Meist um zu checken, ob das Portmonee unterm Kissen noch da ist. Ist eh mehr oder weniger Ablenkung. Pässe, Visakarte und das meiste Geld sind im Bauchgurt unter der Kleidung.
Morgens als wir wach werden, blicken wir auf Palmen. Herrlich.
Kiddy ist die Hauptattraktion für die uns umgebenen Indern, als sie ihre Kontaktlinsen einsetzt. Jede unserer Bewegungen wird ja auch sonst schon sehr gespannt verfolgt. Aber Kontaktlinsen scheinen der Kracher zu sein.
Ab neun Uhr wird es richtig schön warm. Die Temperatur liegt deutlich über der in Bangalore.
Gegen 11, viel früher als gedacht, erreichen wir Ernakulam. Das kommt so überraschend, dass wir den Ausstieg fast verpassen.
Ernakulam ist der Verkehrs- und Geschäftsknoten von Kochin. Diese Stadt besteht aus dem Hauptstadtteil Ernakulam und weiteren Stadtteilen auf vorgelagerten Inseln und einer Halbinseln, die einen natürlichen Hafen bilden. Wir wollen nach Fort Kochin, einem Stadtteil auf der Halbinsel. Dorthin kommt man am besten mit der Fähre. Wir beschließen nach der langen Zugfahrt zum Fährterminal zu laufen. 3 Kilometer sind ja auch nicht gerade eine Entfernung. Allerdings haben wir die Temperaturen unterschätzt. Den trotz Tropentraining in Trinidad, wird ein Rucksack bei 36 Grad ganz schön schwer. Total überhitzt erreichen wir das Meer. Hier mit Blick auf die grüne Dreckbrühe machen wir eine Pause. Inder scheinen echt alles verschmutzen zu können. Dieses Wasser ist ekelig.
Ein paar Gehminuten später erreichen wir das Fährterminal und haben Glück. Die nächste Fähre legt in fünf Minuten ab.

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