Heute lernen wir tatsächlich schmuggeln. Zumindest ist das Bestandteil unserer heutigen Unterrichtseinheit. Unsere Dozentin erforscht das Phänomen Schmuggel und seine Arten und Auswirkungen an verschiedenen Grenzen auf der Welt. Sehr lebendig berichtet sie über ihre Forschungen entlang der finnisch-russischen Grenze. Dabei lernen wir so wichtige Dinge, wie einen Kühlschrank als Bücherregal (einfach Tür abschrauben und bei der nächsten Tour mitbringen) zu deklarieren oder kurzerhand Autofelgen und -reifen zu Blumenkübel um zu definieren. Also beim nächsten Abstecher nach Russland weiß ich was Sache ist, ;-). Aber das Thema ist nicht nur witzig, sondern auch wissenschaftlich sehr ergiebig. Jährlich strömen ca. 6 Mio. Russen nach Finnland. Natürlich sind nicht alle Schmuggler, aber viele nehmen doch einiges für den „eigenen Verbrauch“ mit über die Grenze. Laut Schätzungen stammen auf den Wochenmärkte in grenznahem Gebiet ca. 2/3 aller Schuhe aus derartigen Grauhandelsbeziehungen. Hehe, danke, jetzt weiß ich, wie ich den nächsten Russland-Trip finanziere.

Wohnungseinweihung

Endlich ist es soweit. Ich bin zu einer typisch finnischen Wohnungseinweihungsparty eingeladen. Gemeinsam mit Georgia und Marina glühen wir im Wohnheim schon mal leicht vor. Dann machen wir uns auf den Weg zu Nikos Haus. Gar nicht so leicht, wenn die Straßen keine Schilder haben und plötzlich sowohl die Straßenbeleuchtung als auch die Teerdecke fehlende. Aber am Ende der verborgenen Schlaglöcher finden wir denn Party-Ort. Es ist ein fünfstöckiger Mehrfamilienbau und natürlich gibt es keine Klingel. Witzigerweise sind die Klingeln in fast allen finnischen Mehrfamilienhäusern, die ich bisher gesehen habe, direkt an der Wohnungstür angebracht. Da die Haustüren meist abgeschlossen sind, ist dies ein sehr effektiver Weg, spontane Besucher abzuhalten. Gut, dass wir sowohl angekündigt waren als auch über Handys verfügen, ;-). In der Wohnung wartet ein Haufen, noch recht nüchterne und trotzdem überraschend kommunikativer Finnen auf uns. Es sind eben Soziologen, ;-) und Maria, eine sehr nette Kunstpädagogik-Studenten, die im letzen Jahr eine Weile in Deutschland war. Mit ihr quatsche ich recht lange. Die Atmosphäre ist wirklich sehr nett und entspannt, von wilden Ritualen keine Spur, sieht man mal von dem Erstsemester ab, der die höheren Semester Huckepack tragen muss. Diese Tradition werde ich in Marburg auch mal einführen, ;-). Dafür gibt es typisch finnische Spezialitäten: „Pannukakku = Pfannkuchen“ und Sangria und meine Absicht heute mal ein wenig weniger tief ins Glas zu schauen verabschiedet sich doch sehr schnell. Im Gegenteil leeren sich meine Bierdosen überraschend zügig, aber das ist auch gut so, denn um 0:24 beendet die Polizei die Party bereits. Hey, im Vergleich zum Studentenwohnheim ist das ein wahrer Rekord, ;-). Da wir gerade erst so richtig warm sind, beschließt die Partymeute ins Kauppayhtiö umzuziehen. Dieses Etablissement ist tagsüber ein gemütliches Café, abends wandelt es sich zu einem Klub. Der Laden ist super, denn hier kann man entweder tanzen oder sich in recht ruhigen Umgebungen ganz gut unterhalten, ohne zu schreien. Diese Tatsache ist wichtig, denn ich werde von einer schwarzhaarigen Schönheit angesprochen. Sie studiert Tourismus und hat ein Erasmus-Semester in Innsbruck verbracht. Leider wohnt sie im ca. 800 Kilometer entfernten Turku und fährt da morgen wieder hin, ;-). Wie auch immer, gerade ist sie da und steigert meine Quote in ungeahnte Höhen. Drei sehr nette (und dieses Adjektiv kann sowohl äußerlich als innerlich verstanden werden, ;-0) Mädels in zwei Tagen. Entweder wirkt sich das kalte Wetter schon auf mein Hirn aus und ich beginne zu halluzinieren oder ich muss öfter auf Partys mit Einheimischen gehen. Trotzdem lehne ich das Angebot einer After-Party-Party ab, als wir um 3:30 den Klub verlassen, schließlich fährt meine Bahn schon in 6 Stunden und ein wenig Schlaf wäre noch schön.

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