Isa, Rieke, Edda und ich kommen heute in den Genuss einer Privatführung zum deutschen Soldatenfriedhof in Norvajärvi. Eero, ein ehemaliger finnischer Berufsoffizier, der den Friedhof seit 30 Jahren betreut, hat uns zu dem Trip eingeladen. Bevor wir aufbrechen fragt er, ob wir unsere Hausaufgaben gemacht haben. Da sich keiner so richtig über der Krieg in Lappland informiert hat. Bekommen wir zunächst eine gut 15-minütige “Vorlesung” über die Kriegsgeschichte auf dem Parkplatz gegenüber dem Hotel, indem wir uns getroffen haben. Wie wir so im Kreis über die Karten gebeugt stehen, die Eero auf seiner Motorhaube ausbreitet, erinnert mich die Situation stark an eine Einsatzbesprechung. Allerdings bleibt der klischeehafte Uhrenvergleich aus. Dafür bekommen wir alle Taschenlampen in die Hände gedrückt. Dann geht es im alten klapprigen Mercedes mit kaputten Stoßdämpfer vorbei an der finnischen Kaserne (Eeros ehemaligen Arbeitsplatz) durch schöne, wilde Landschaften (in denen die finnischen Rekruten zu jeder Jahreszeit rumrobben dürfen) zum Friedhof. Anders als die bisherigen Soldatenfriedhöfe, die ich bisher gesehen habe, ist dieser Friedhof aber kein Gräberfeld mit vielen Kreuzen. Die Toten sind in einem Mausoleum untergebracht, das in einem parkähnlichen Grundstück am Ufer des Sees steht. Ein auf seine Art sehr beeindruckender Ort.

Pilzgenuss

Auch der Weg zwischen Parkplatz und Friedhof ist sehr schön, gerade jetzt im Herbst sind viele Bäume knallig gelb oder rot. Rieke entdeckt hier Pilze und Eero lädt die Gruppe spontan zur Pilzsuche und -verköstigung ein. Rieke und ich nehmen an und kurz drauf hetzen wir mit Eero erst über das Grundstück seiner Nachbarn und kurz drauf durch das Wäldchen am Krankenhaus. Ziel dieser wilden Jagd ist es, innerhalb einer Stunde gute Pilze zu sammeln und diese zuzubereiten. Wobei vor allem die Phrase gute Pilze sehr wichtig ist. Denn die ersten essbaren Pilze, die wir finden, bezeichnet Eero als “Kuh”-Steinpilze. Man kann sie essen, aber sie sind nichts im Vergleich zu Buttersteinpilzen. Naja, ein paar nehmen wir trotzdem für den schlimmsten Fall der Fälle mit. Doch dann finden wir doch noch gute Pilze und das Kuhfutter darf wieder in die Natur wandern. Am Ende unserer Sammelaktion haben wir in etwas fünf Tintenpilze, zwei große Buttersteinpilze und mehrere kleine Butter- sowie Birkensteinpilze. Eilig geht es zurück zu Eeros Haus. Dort bereitet er uns ein wahres Festmahl. Die Tintenpilze werden nur in Butter gebraten und mit Salz und Pfeffer serviert, die Buttersteinpilze gibt es mit einer Zwiebel-Knoblauch-Note und die sich schwarz färbenden Birkensteinpilze werden mit Rentier-Wurst kombiniert. Ich glaube besser kann es der Laffer-Heini auch nicht machen, ;-). Hm, saugut.

Weiter schmausen

Leider holt mich dann ein wenig die Eile ein. Denn zuhause warten eine Postkarte und eine E-Mail. Die Postkarte ist von Janni, ein tropisches Motiv soll mich wärmen. Auch diese Karte wandert an die Wand. So langsam wird es voll da, ;-). Weiter so. Die E-Mail fordert mich auf, ganz dringend wichtigen Kram zur Arbeit zu Terra Tech zu schicken. Ein Skype-Anruf zeigt dann, aber dass aller Stress umsonst war, die Frist ist verlängert worden. Trotzdem wird der Stress für mich nicht kleiner, denn ich verquatsche mich mit Andreas und dabei will ich doch zu Jaakkos Vortrag in die Bücherei. Naja, ich komme dort noch rechtzeitig an und eigentlich sogar perfekt, denn ich laufe Jaakko in die Arme, bevor er seinen Vortrag startet. Dieser ist natürlich auf Finnisch, sodass es aus meiner Sicht nicht so schlecht ist, dass ich bereits um 19h wieder gehen muss. Denn auf mich wartet ein Abendessen im Ounasvara Maja, einer Hütte des lokalen Skivereins. Das Essen ist ein kleines Dankeschön für die Hilfe beim Sprachtag am Montag. Wobei klein doch sehr untertrieben ist. Denn der Abend dort ist klasse. Die Atmosphäre in der Holzhütte ist super und das Essen noch viel besser. Nicht nur dass es leckeren Wein gibt, nein es warten auch noch lappische Spezialitäten auf uns. Es gibt Lachs (geräuchert und gebacken), gekochtes Ren mit Preiselbeere, Salat und Brot sowie ein sehr leckeres Dessert mit Beerencreme und Kuchen. Hm, irgendwann bin ich randvoll, nur noch Wein passt rein, ;-). Aber auch die Gespräche sind sehr nett, wir lernen eine finnische Lehrerin kennen, die auf der Suche nach Englisch sprechenden Studenten ist, die ihren Unterricht von Zeit zu Zeit besuchen, das klingt ganz spannend. Außerdem werfen wir Deutschen unsere bisherigen Finnland-Erfahrungen zusammen und gleichen diese ab.

Fin-ternational

Zusammenbringen ist auch das Stichwort für die Party, auf die wir im Anschluss gehen. Ein paar Leute hatten die Idee, mal etwas Austausch zwischen finnischen und internationalen Studenten herzustellen und haben einen Raum angemietet. Sehr angenehm ist, dass man seinen eigenen Alkohol mitbringen darf und der “Eintritt” nur zwei Euro kostet. Und auch das Konzept scheint aufzugehen. Ein paar Finnen tummeln sich hier tatsächlich. Darunter auch Taina, die Single-Mom aus dem Wohnheim. Mit quatsche ich eine ganze Weile. Gegen Ende der Party sitze ich etwas müde auf einer Bank. Dabei werde ich von zwei Finnen eingerahmt, die plötzlich fließend deutsch sprechen. Der eine erklärt mir, dass er in Neuss geboren ist, aber mit seiner Mutter schon sehr früh nach Finnland gekommen ist. Er ist ganz überwältig, als ich mich auch als Altbiertrinker oute und wir steigern uns in gemeinsame Kölsch-Schmähungen. Bier verbindet eben. Oli, der andere Finne erklärt mir, er habe Deutsch in der Schule gelernt und könne es unerklärlicherweise immer sprechen, wenn er besoffen ist. Hm, vielleicht wirkt der Trick auch mit Finnisch? Ich sollte mal die nächsten drei Wochen mit dem Finnischbuch in der Hand trinken, ;-). Der Alkohol scheint aber auch ansonsten einen guten Einfluss auf Oli zu haben. Denn kurze Zeit später diskutiert er mit einer Tschechin über die Qualität von Bier. Als diese verkündet, dass finnisches Bier wie Pisse schmeckt, stimmt Oli begeistert zu. Naja, vielleicht liegt es auch nicht am Alkohol, sondern an dem Google-Schriftzug auf dem T-Shirt der Tschechin, der sich über deren Oberweite auf sehr nette Weise spannt und die globale Datenkrake ganz sympathisch wirken lässt, ;-).

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