Video-Star
Wie bereits geschrieben realisieren wir gerade das neue Video für Shurwayne Winchester. Eine Szene davon ist eine Modenschau. Dafür hatten wir das Set in einer Fabrikhalle aufgebaut: Richtig originalgetreu mit Models, Laufsteg, Publikum und Fotografen. Ich hatte mich schon lange auf diesen Dreh gefreut, da es mein erstes Mal an einem Set sein würde. Richtig aufgeregt war ich aber als Sean, als Projektassistent verantwortlich für die Darsteller, drei Tage vorher zu mir kam und meinte: „ Wow. Du hast ja ne tolle Kamera. Sieht super professionell aus. Du spielst einen der Paparazzi bei der Modenschau.“ Da stand ich nun etwas baff. Und ohne passende Kleidung. Die schicken Klamotten waren aus Gepäcksbegrenzungsgründen in Deutschland geblieben.
Zwei Tage irrte ich durch Port of Spain um mir ein passendes Outfit zu zulegen. Aber schließlich wurde ich fündig. Ich bekam ein weißes Hemd und eine Anzugshose. Wer mich kennt, weiß dass ich mich noch heute über dem Gesamtpreis von 17 Euro freue. Obwohl ich mich ja sonst generell gegen Anzughosen wehre.
Sonntags klingelte der Wecker dann schon um 5.30 Uhr. Hundemüde, aber sehr aufgeregt ging es zum Büro. Ich war natürlich der Erste. Nach und nach trudelte auch der Rest ein. Ich sollte mein Outfit gleich vorführen. In schwarzer Hose, weißem Hemd und Lederschuhen fühlte ich mich wie ein anderer Mensch. Ich passte selbst meine Bewegungen an die ungewohnte Kleidung an. Bestätigt wurde die Verwandlung von meinen Arbeitskolleginnen. Von „Hey, wie süß!“ und „Sexy, Sexy“ bis hin zu „Willst du mich heiraten?“ reichten die Reaktionen. Ganz aus dem Häuschen waren sie, nachdem sie mir eine Krawatte aufgezwungen hatten.
Dann hieß es warten. Bis wir uns endlich auf den Weg zum Drehort machten verging knapp eine Stunde. In der Fabrikhalle angekommen, hieß es dann auch warten. Ingesamt dauerte es noch vier Stunden bis zum Drehbeginn. Der Aufbau des Sets war noch in vollem Gange. Die Fenster mussten noch verdunkelt und die Bühne aufgebaut werden. Da ich schon in meinem Dress war, konnte ich dabei nicht helfen. Einen Teil der Langeweile konnte ich mir zum Glück damit vertreiben, in der Maske herumzusitzen und den Lichttechnikern zu zuschauen. Außerdem haben wir Darsteller draußen vor der Halle ein paar lustige Fotos geschossen. Ansonsten war es gähnend langweilig.
Irgendwann kam dann Sharon zu mir. Sie wollte, dass ich ihr nach draußen folge. Aus der Tüte in ihrer Hand holte sie Bier. „Ist nur für Crewmitglieder. Prost!“, sagte sie. Nach zwei Bierchen und dem dann dringend nötigem Mittagessen ging es endlich los.
Allen Darstellern wurden die Plätze zu gewiesen. Meine Rolle war es, mit zwei anderen Akteuren, als Meute von aufdringlichen Paparazzi den Einzug des Superstars zu verfolgen. Dabei musste ich von der einen Seite des Bildes zur anderen laufen. Ganz schön schwierig, da ich dem Star mit der Kamera folgen sollte und gleichzeitig keinen der Scheinwerfer umhauen wollte. Immer den Gedanken im Hinterkopf, ja nichts falsch zu machen. Da sonst alles noch mal wiederholt werden muss. Denn nach der 10. Wiederholung wurde es so langsam anstrengend. Im heißen Scheinwerferlicht, bei gefüllten 40 Grad, lief der Schweiß in Strömen und die Konzentrationsfähigkeit sank. Jede kurze Unterbrechung nutze ich, um mich von einem der Ventilatoren abkühlen zu lassen. Außerdem hatte ich die Befürchtung in der nächsten Nacht von den gebrüllten, immer gleichen, Kommandos zu träumen. Doch plötzlich war die Regie zufrieden und diese Szene war im Kasten.
Der restliche Tag verging wie im Fluge. Ich war zwar nicht mehr vor der Kamera im Einsatz. Solle aber ab und zu mit dem Fotoapparat für ein wenig Blitzlicht sorgen. Außerdem gab es eine Menge guter Fotomotive und ne Menge Spaß mit den anderen Darstellern.
Gegen 22 Uhr waren wir wieder im Büro. Dort schauten wir noch schnell ein paar Aufnahmen vom Tag durch. Es war schon ein komisches Gefühl sich selbst plötzlich auf dem Bildschirm zu sehen. Aber ich muss sagen, ich sah schon richtig gut aus, ;-). Und in der Nacht habe ich besonders gut geschlafen.

Arbeit 2
Einen kurzen Einblick in meinen Arbeitsablauf hatte ihr ja schon. Hier folgt jetzt eine genauere Beschreibung:
Gestartet bin ich ganz gemütlich mit typischer Praktikanten Arbeit. Tage lang habe ich Informationen von Booklets für das CD-Archiv abgetippt und dabei karibische Musik gehört. Aufgelockert wurde diese „Schwerstarbeit“ durch die ständigen Aufforderungen meiner Kollegen doch mal zu entspannen. Also habe ich Zeitung gelesen, im Internet gesurft oder mich unterhalten. Wer nun an einen getarnten Urlaubstrip denkt, liegt aber falsch. Denn die Arbeit bei Ezone Entertainment, meiner Praktikumsstelle, kann auch mal ganz unkaribisch arbeitsreich und stressig sein.
Ezone hat 6 Mitarbeiter: Lisa (die Chefin), Sharon (Frau für alles und meine Ersatz-Mami), Sophie (die Telefonstimme, Außenkontakt und Quell unendlichen Frohmuts), Sean (Projektassistent, hat am selben Tag wie ich begonnen), Sarah (Praktikantin, spricht nicht viel) und mich (den Deutschen mit lustigen Fragen und übereifriger Arbeitseinstellung). Wir bieten alles rund um den Bereich Entertainment an. Dazu zählen unter anderem PR-Arbeit, Werbespots und eigene TV-Shows. Diese werden in über 14 Ländern ausgestrahlt. Ziel ist es die karibische Küche und die Vielfalt der karibischen Kultur zu präsentieren. Berichtet wird z.B. von Festivals auf den verschieden Inseln, aber auch vom karibischen Karneval in Miami oder Notting Hill, London.
Seit einigen Monaten produziert Ezone auch erfolgreich Musikvideos. Zurzeit realisieren wir ein Video für Shurwayne Winchester, einen erfolgreichen, mehrfach ausgezeichneten, Soca-Star. Gefeiert in der gesamten Karibik, den USA, Kanada und England, möchte er die heißen Soca-Rhythmen auch in ganz Europa bekanntmachen. In Deutschland ist er während der WM bereits aufgetreten.
Meine Aufgabe bei den Dreharbeiten ist es, die Shoots als Fotograf zu begleiten. Die Bilder werden zur Dokumentation auf der Homepage und für Pressemeldungen benötigt. Außerdem helfe ich da, wo ich gerade gebraucht werde. Lichtsegel halten, Set aufbauen, Requisiten beschaffen, etc.
Es ist spannend Dreharbeiten hautnah zu erleben und zu sehen, mit welchen Tricks gearbeitet wird. Besonders gefällt mir aber das Arbeitsklima. Damit meine ich sowohl die Stimmung am Set, denn alle Crewmitglieder arbeiten zwar oft bis spät in die Nacht, dafür aber mit karibischer Lockerheit und Freude, als auch die Temperaturen. Bei 30 Grad in der knallenden Sonne ist ein Sonnenbrand trotz sorgfältigem Eincremen allerdings schwer zu vermeiden.
Interessant ist es auch, weil die Drehorte ständig wechseln. So sehe ich Ecken, die ein normaler Tourist wahrscheinlich nie zusehen bekommt. Einen Tag haben wir in einer Kirchenruine gedreht, den nächsten unter Palmen am Strand. Ein Ort wo eher Urlaubsstimmung, denn Arbeitseifer aufkommt.
Abgesehen von den Dreharbeiten, bin ich für mein eigenes Projekt verantwortlich. Für Februar 2007 plant Ezone ein Magazin rund um Entertainment in der Karibik. Meine Aufgabe ist es, das gesamte Layout für dieses Magazin zu erarbeiten. Daneben bin ich als einer der Autoren auch für Inhalte zuständig. Dazu führe ich Interviews mit Künstlern, schreibe Reviews von Musikalben und Reporte von Shootings, mache Fotos und und und. Eine spannende Aufgabe, welche die Zeit des „Limens“ etwas einschränkt, aber sehr viel Spaß macht.

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