Lachsschnittchen & Wurst und Bier

10.20 Uhr: Simo holt mich ab. Seinen Freund hat er heute nicht erreicht, dafür ist Elsi, seine Tochter, mit an Bord. Gemeinsam brechen wir auf. Zuerst zeigt mir Simo einen Steilhang am Fluss. Er überlegt ernsthaft, ob er hier im Winter mal snowboarden sollte. Hm, eine gute Idee. Vielleicht sollte nur vorher jemand die Bäume fällen, denn wir befinden uns im Wald. Aber Simo scheint sehr überzeugt von seiner Idee, ;-). Anschließend machen wir einen kurzen Abstecher zu den Hiidenkirnut oder auf deutsch: zu den Gletschertöpfen. Dabei handelt es sich um schachtartige Vertiefungen, die eiszeitliches Schmelzwasser in die Felsen gegraben hat. Sehr beeindruckend und sehr schön gelegen. Die Kulisse mit Felsen und Wald ist echt toll. Die Hütte hier sollte echt mal gemietet werden, ;-). Nach diesem Abstecher machen wir uns auf dem Weg zum eigentlichen Ziel des heutigen Tages. Doch zuvor stoppen wir noch kurz am Supermarkt um uns finnisches Proviant zu besorgen. Natürlich dürfen Makkara und Bier nicht fehlen, aber Simo schlägt auch vor, Lachs, Roggenbrot und Frischkäse mitzunehmen. Hm, das klingt sehr vielversprechend. Kurz darauf sind wir aus den besiedelten Gebieten heraus und eigentlich sofort mitten in der Natur. Echt herrlich. An uns ziehen Moorlandschaften, Seen und Birkenwälder vorbei. Genial, vor allem da wir als Kontrast Musik von Children of Bodom hören. Aber so harte Klänge passen ganz gut. Nach einer Stunde stellen wir das Auto ab und kraxeln etwa 15 Minuten bergaufwärts. Unser Ziel ist die Hütte auf dem Haukkavaara. Vor dort aus hat man eine herrliche Sicht über Wälder und Seen. Der Grill ist schon von einer Gruppe angeheizt worden, die bereitwillig für uns Platz macht. Doch bevor wir Würstchen grillen, gibt es Lachsschnittchen. Hätte ich Zweifel gehabt, so wären diese jetzt ausgeräumt. Was etwas versnobt klingt, ist der Hit in dieser Umgebung. Aber auch Wurst und Bier sind natürlich nicht zu verachten. Gut gestärkt frönen wir dann unserer Fotoleidenschaft. Motive gibt es auf jeden Fall genug, ;-). So zum Beispiel der Briefkasten, der als Schutz für das Gästebuch gilt. Zu witzig, wenn hier wirklich ein Postbote antraben müsste, ;-). Auf dem Rückweg sehen wir dann sogar noch lappisches Wildlife. Leider verstecken sich die Elche heute gut, was vielleicht daran liegt, dass wir einige Jäger durch die Gegend streifen sehen, die nach den sanften Riesen suchen. Dafür läuft mir aber ein großer, fasanartiger Vogel vor die Linse. Noch aufdringlicher sind die Rentiere. Zunächst sehen wir größere Herden auf den Feldern neben der Straße, dann geraten wir in eine tierische Straßensperre. Denn Santa’s Zugtiere haben beschlossen am Mittelstreifen der Straße zu knabbern und machen nur recht widerwillig Platz. Doch mit dieser Einlage ist der Trip noch nicht zu Ende. Simo schlägt noch den Besuch einer typischen Dorfkneipe vor. Das Interieur erinnert stark an die 70-ger, und an viele Dorfkneipen in Deutschlands Hinterwäldern, ;-). Naja, vielleicht abgesehen von der Karaoke-Anlage. Die hier natürlich nicht fehlen darf, denn jeden Samstag gibt es Tanz und Gesang. Voll gestopft mit neuen Eindrücken, liefert mich Simo gegen 17 Uhr zuhause ab.

Hot Chocolate

Nach diesem ersten Highlight des Tages wartet eine weitere Nettigkeit auf mich. Ich treffe mich mit Magda um 18 Uhr zum Kaffee, respektive zu heißer Schokolade. Ha, gut zu sehen, dass auch andere Leute dieses sahnig-süße Gesöff mögen. Und es erweist sich als perfekter Begleiter für ein sehr nettes Gespräch.

Spätes Abendessen und Party

Als ich um 21 Uhr zuhause ankomme fragt mich Carlos, ob ich mit zu Hugh komme. Der Ire und die spanische Community planen ein gemeinsames Abendessen. Die Zusammenkunft wird ganz witzig, zumal Hugh sich mit seinem Versuch, Englisch als Gemeinschaftssprache für den Abend durchzusetzen, kläglich scheitert. Da hilft es auch nicht, dass er plötzlich mit einem riesigen Kochmesser bewaffnet wild durch die Wohnung tobt. Die spanische Mafia regiert eben Finnland, ;-). Achja, Abendessen gibt es auch und zwar um 24 Uhr. “Damit kann der Abend noch nicht enden,” beschließen Carlos und ich und brechen noch mal in die Stadt auf. Auf der Suche nach bekannten Gesichtern landen wir schließlich im Kauppayhtiö. Die Party ist ganz gut, noch besser ist aber die Atmosphäre. Es sind viele Finnen hier und im Café-Bereich kann man sich bestens unterhalten. Unter den bekannten finnischen Gesichtern ist auch das von Elisa, sie hatte mir in meiner ersten Nacht im Wohnheim so nett geholfen. Elisa ist mit ihrem Freund und Elina, einer Freundin, da. Die drei beschließen, dass ich Salmijaki, einen lakritzhaltigen Schnaps, probieren muss. Na gut, warum nicht, ;-). Schmeckt ganz gut. Und erleichtert die Gesprächsbereitschaft. Naja, zu mindest zum Teil. Ich unterhalte mich eine Weile mit Elina, schließlich hat sie 8 Jahre Deutsch gelernt. Aber aus irgendeinem Grund mag sie die Sprache nicht, ganz im Gegenteil sie würde sogar niederländisch vorziehen. Tja, über Geschmack lässt sich nicht streiten, auch wenn es manchmal nötig wäre, ;-). Auch sonst ist die Gute interessant, sie ist vorsichtig formuliert etwas negativ. Nahezu an jeder Tatsache findet sie eine negative Seite. “Ich liebe Lappland”, erzähle ich ihr. “Das wird sich im grauen Winter schnell ändern,” ist ihre Antwort. Und so geht es weiter. Ich werfe ihr positive Dinge um die Ohren und sie schmettert negative Sichtweisen zurück, ;-). Um 2.30 Uhr weist uns die Kellnerin darauf hin, dass der Café-Bereich geschlossen wird, wir müssen also entweder tanzen oder weiterziehen. Da sich leichter Hunger breit macht, das Abendessen liegt schließlich schon lange zurück, optieren wir für Essen statt Party. Eine gute Wahl, die Thekenkraft bringt mir zwar statt einem Kebabpita eine Kebabpizza, aber auch die schmeckt gut. Und ist für 7 Euro überraschend groß, tatsächlich bleibt sogar noch etwas fürs Frühstück über, ;-). Den Heimweg trete ich mit Elisa und ihrem Freund an. Die Diskussion, die wir über Identitäten, Vorurteile und Nationalität anstoßen, ist ganz interessant und zeigt, wie gleich die Ansichten der meisten Menschen doch sind. Im Studentenwohnheim dringt noch Lärm aus Hughs Wohnung. Ich klingel und tatsächlich, da sitzen noch dieselben Verdächtigen, die ich vor ein paar Stunden zurückgelassen habe. Und auch Carlos ist wieder da, so schließen sich die Kreise doch immer wieder.

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