Heute steht ein wenig Sightseeing auf dem Programm. Der Reiseführer listet unter anderem den Thread Garden, einen Blumengarten komplett aus Fäden gebastelt. Der Garten ist wirklich zum Fürchten. Allerdings nicht weil er so toll ist, sondern weil man sich echt ärgert die 25 Cent für den Eintritt geblecht zu haben. Aber der Reihe nach.
Wir betreten dieses Wunderwerk der Handarbeit durch einen mit Tüchern verhängten Gang. Die Atmosphäre im Gang erinnert mich ganz stark an die Geisterbahn, die wir mal auf einen Schulfest in der achten Klasse aufgebaut haben. Ich kann mich kaum losreißen, doch endlich treten wir in die Halle und kippen fast um. Die Blumenarrangements sind schaurig. Aus einer großen Entfernung mögen sie ja echten Blumen ähneln, aber aus der Nähe wird doch schnell deutlich woraus sie bestehen. Am Schlimmsten ist aber die Dekoration aus rot-weiß bepinselten Steinen (natürlich der Thematik entsprechend aus Zement). Zu dem sähe das Ganze noch nicht einmal in echt gut aus, da die dargestellte Szene an einen ungepflegten, lustlos angelegten Garten erinnert.
Stimmung verbreiten aber die Hinweis Schilder und der Guide. Der Guide rasselt in lupenreinem indischen Englisch den Inhalt der Hinweisschilder herunter. Dies schafft er so schnell, dass wir überhaupt nichts verstehen. Zum Glück gibt es ja die Schilder. Wenn sie nicht ernst gemeint wären, müsste man sie als gelungene Ironie mit Preisen überhäufen. Da sie ernst gemeint sind, bleibt eher ein mitleidiges Lächeln. Hier ein paar Beispiele: „Über 12 Jahre wurde an dem Garten gearbeitet!“ (Wer war denn da so lahm?) – „Mit vollem Respekt kann der Garten als höchste Handwerksarbeit gewertet werden, die jemals erfolgreich in die Welt gebracht wurde.“ (Bei allem Respekt, hier leidet wer an Realitätsverlust.)
Nach der Erfahrung Thread Garden haben wir vorerst genug vom Sightseeing. Da in Ooty gerade Rennsaison ist, beschließen wir uns mal ein paar Pferderennen anzusehen. Das Drumherum ist ganz interessant (wir waren noch nie bei einem Pferderennen). Kiddy gewinnt das interne Wettduell. Aber Rennläufe mit 7 Pferden und Distanzen von 2 Kilometer bilden dann doch keine Tagesbeschäftigung. Deshalb machen wir uns wieder ans Sightseeing.
Und landen im Botanischen Garten. Zunächst wandern wir den Berg rauf zu einer Siedlung der Todas, einem der Bergstämme, die früher die Gegend rings um Ooty besiedelten. Die Todas haben eine ganz besondere Beziehung zu ihren Kühen. Nicht so eng wie jetzt manch perverse Mensch denken könnte, aber eben sehr besonders. Leider finden wir in dem Dorf niemanden, der mehr Englisch spricht als: „Stickerei-Kaufen?“ Deshalb bleibt mein Wissensdurst bezüglich Toda-Traditionen ungestillt.
Aber der Botanische Garten hält genügend Abendteuer bereit, so dass sich meine Trauer bald verflüchtigt. Für die meisten Inder werden die Blumen plötzlich zur Nebensache. Stattdessen rücken wir in den Fokus ihres Interesses und ihrer Kameras. Aber auch Inder ohne Kamera lassen sind nervig. Wir werden eine ganze Weile von einem besonders penetranten Exemplar verfolgt. Der Gute lässt nicht locker, bis er ein Foto mit Kiddy ergattert hat. Zu allem Überfluss nötigt er uns seine Adresse abzuschreiben, damit wir ihm das Foto schicken können. Ja sind wir von der Wohlfahrt? Außerdem glaubt doch jeder Postbeamte, man wolle ihn verarschen, wenn er einen Brief nach Finger Post ausliefern soll. Denn in einem Ort dieses Namens wohnt unser neuer Freund.
Aber wir treffen auch normale Leute in diesem Park. In einem versteckten Pavillon, in dem wir uns vor dem Regen flüchten, schrecken wir ein knutschendes Pärchen auf. Keine Angst wir verraten nichts. Weitermachen!!!!
Um den Tag abzurunden gönnen wir uns eine von Ootys Spezialitäten: Hausgemachte Schokolade. Die Probierstücke sind geschmacklich sehr überzeugend und so kaufen wir ein wenig. Der Packungsinhalt ist genusstechnisch durchwachsen. Ein Stück mundet vorzüglich, das nächste erinnert stark an Seife. So zieht es sich leider fort. Tja, haben wir wieder etwas gelernt. Schokolade kaufen wir in der Zukunft wieder in der Schweiz.
Aber der tag klingt doch noch gut aus. In der Unterkunft lernen wir Sajidah kennen, eine nette englische Staatsbürgerin mit indischen Wurzeln und einer interessanten Lebensgeschichte. Sie ist gerade dabei in Ooty ein Haus zu realisieren.

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