Unser erster Tagesausflug geht von Bangalore zu den 65 km entfernten Nandi Hills. Vor unserer ersten Busfahrt in Indien sind wir ja doch ein wenig aufgeregt. Aber Dank guter Vorbereitung (Ticketreservierung und Klärung des Abfahrtorts) müssen wir nur 3 Schaffner befragen. Wir bekommen 4 verschieden Auskünfte, aber der letzte liefert uns sogar im Bus ab.
Da noch etwas Zeit bis zur Abfahrt ist, haben wir Zeit das Businnere und den Busplatz etwas zu betrachten. Unsere Sitze weisen den Komfort einer alten S-Bahn auf. Harte Plastik-Polster und wenig Beinfreiheit. Aber der Busfahrer sitzt unbequemer. Sein Sitz besteht aus einem Stahlrahmen mit Plastikgeflecht.
Mit der Zeit füllt sich der Bus mit Indern und Kartons. Bevor wir losfahren fällt unser Blick auf den Nachbarbus. Dessen Reifen wären in Deutschland schon seit zwei Jahren aus dem Verkehr gezogen worden. Die Profiltiefe ist nur noch in Tausendstelmillimeter anzugeben und an den Seiten stehen auch schon ein paar Gummilappen ab. Aber ein Blick auf die anderen Busse zeigt, dass es wohl indischer Standard ist. Warum auch sorgen, der Reifen hält noch tausend Kilometer.
Aber dann geht es endlich los. Der nette Inder hinter uns versichert uns, dass unser Bus direkt zu den Nandi Hills fährt. Außerdem beschreibt er mir ein wenig die Gegend und glänzt mit seinem Wissen über Deutschland (Angela Merkel ist erste Bundeskanzlerin) und Trinidad (liegt in der Nähe von Bridgetown, gutes Kricketteam).
Und plötzlich sehen wir die Nandi Hills. Hierbei handelt es sich um eine Ansammlung von Hügeln, die wie von Geisterhand hingesetzt, aus der verdörrten Ebene ragen. Mein „Tourguide“ erzählt, dass hier in ein paar Wochen zu Beginn des Monsuns alles ergrünt. Am Fuße der Hügel steigt er aus.
Unsere Sorge, dass wir einen der Berge erklimmen müssen erweißt sich als unbegründet. Denn der Bus wagt sich mutig an den kurvigen Aufstieg. Oben angekommen wartet die Parkanlage auf uns. Die Nandi Hills waren in früheren Zeiten der Sommerrückzug eines Sultans und später der Briten. Heute befinden sich innerhalb der Mauern die etwas verwilderten Parkanlagen mit Tempeln, Ruinen und vielen Affen. Ein bei Indern sehr beliebtes Ausflugsziel.
Wir beschließen uns von dem Inderstrom wegzubewegen und einmal an den Mauern entlang zu wandern. Von hier bieten sich traumhafte Aussichten in die Ebene. Diese inspirieren natürlich zu super Fotos. Wir finden einen gemütlichen, abgelegenen Picknickplatz. Allerdings finde ich die Aussicht sehr „eben“. Nur Felder und platte Flächen, keine Berge und Seen. Natürlich schmeckt das Essen trotzdem, lach.
Aber auch die Affen im Park sind hungrig. Und das lassen sie einen auch ganz aggressiv wissen. Obwohl wir vorgewarnt waren, verlieren wir bei einer Attacke unseren Beutel mit Müll. Praktisch, praktisch.
Oben auf dem Berg steht ein Tempel. Wir trauen uns in die Anlage hinein. Natürlich ziehen wir die Schuhe aus. Ein Mönch oder Priester bittet uns auf mit eigenwillig-bestimmter Art in den Tempel. Drinnen mal er uns einen Segnungspunkt auf die Stirn und schüttet uns eine komische Flüssigkeit in die Hand. Er besteht darauf, dass wir im die Rechte reichen (die linke Hand gilt in Indien als unrein) und fordert uns auf das Zeug zu trinken. Schmeckt interessant. Dann dürfen wir eine kurze Tempeltour machen. Abgesehen von einem schönen Türrahmen gibt es nicht viel zu sehen.
Dafür wartet draußen eine Wahnsinnsaussicht. Wir kommen zu Tipus Drop. Von hieraus soll der Sultan sich früher seiner Feinde entledigt haben. Nach einem Fall in die Tiefe dürfte auch keiner überlebt haben. Die Szenerie ist umwerfend. Von dem felsigen Kliff hat man einen unglaublichen Blick in die Ebene. Personen wirken vor der Kulisse winzig.
Wir begeben uns langsam Richtung Ausgang, haben aber noch über eine Stunde bis zur Heimfahrt (planmäßig um 4 Uhr). Daher beschließen wir uns noch ein gemütliches Plätzchen zu suchen. Auf einer Wiese „bezahlen“ wir zwei Hunde für das Vertreiben der nervigen Affen. Die anderen Touris neben uns sind nicht so geschickt und lassen sich von den Affen täuschen. So verlieren sie ihre Chips. Aber wer seine Tüte auch auf den Boden stellt, ist selber schuld.
Am Ausgang beginnt dann ein stundenlanges Warten. Der Bus ist um halb sechs noch nicht da. Und wir haben keine Lust uns mit 100 Indern auf die Ladefläche eins kleinen Lasters zu drängen. Im Vergleich dazu bieten europäische Viehtransporter sehr humane Raumbedingungen.
Dann endlich kommt der Bus und das große Krabbeln beginnt. Alles drängelt sehr rücksichtslos in den Bus. Die ganz schlauen werfen einfach Gegenstände durch die Fenster auf die Sitze. Von Taschen bis zu Taschentüchern ist alles dabei. Seltsamerweise ist diese Praktik akzeptiert und so eine „Reservierung“ wird respektiert. Wir erobern uns immerhin einen halben Sitzplatz und einen gequetschten Stehplatz. Ich finde es grauenvoll, ich hasse Indien.
Die kurvige Fahrt den Berg hinunter ist aufregend. Auf Grund der Überladung, der steilen Kurven und des alterschwachen Zustand des Busses hat es in fast jeder Kurve den Anschein als ob wir gleich eine unfreiwillige Abkürzung nehmen. In zwei, drei Kurven schabt der Bus sogar zentimetertief durch den Asphalt. Aber durch geschickte Gewichtsverlagerung der Insassen kommen wir unbeschadet unten an.
Und nach 1 ½ Stunden Fahrt habe ich einen Sitzplatz. Endlich. Doch zu früh gefreut. 5 Minuten später gibt es einen Knall. Der rechte Vorderreifen ist geplatzt. So viel zum Thema Reifenzustand. Alles drängelt aus dem Bus zum Straßenrand und versucht andere Busse zu stoppen. Zum Glück nimmt sich ein freundlicher Inder unserer an und verfrachtet und in den richtigen Bus. Dieser ist natürlich rammelvoll. Doch alle quetschen sich freundlich lächelnd zusammen und so bekommen auch wir Sitzplätze. Ich schließe meinen inneren Frieden mit den Indern.
Später als geplant, aber mit vielen interessanten Eindrücken erreichen wir das Robertsonhaus.

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