Zum Glück fiel Anna-Erika gestern Abend auf, dass die Homepage der schwedischen Busgesellschaft die Abfahrtzeiten in schwedischer Zeit (Finnland ist Westeuropa ja voraus, zumindest in Sachen Zeit und Schulsystem) listet. Sonst wären wir heute glatt eine Stunde zu früh am Busbahnhof gewesen. Und dass, wo wir eh schon um 8:20 da sein müssen. Zum Glück kann Jaakko uns hinfahren.
Nachdem wir uns von Jaakoo verabschiedet haben, klettern wir in den Bus nach Lulea. Da es hier in Nordschweden keine Bahnverbindungen gibt, dürfen Interrailer diese Busverbindung nutzen. In Lulea werden wir dann in den Zug nach Narvik wechseln, aber zunächst genießen wir (bzw. ich. Janni, etwas traurig über den Abschied aus Finnland, schläft.) die Landschaft, die auch auf schwedischer Seite schön ist. Ups, ich hoffe, dass liest die finnische Großfamilie jetzt nicht, ;-).
Dabei kommt mir der Plan für eine der nächsten Reisen. Mit dem Flieger in Finnlands Norden und dann im Wohnmobil die lappischen Weiten in Finnland, Schweden und Norwegen erkunden. Klingt nach einem wirklich guten Abenteuer, aber zurück ins Hier und Jetzt. Denn das ist auch toll. Endlose Birkenwäldchen, teils mit Felsen durchmischt, blauer Himmel, glitzernde Seen, einfach toll. Witzig sind die Warnschilder am Straßenrand, die auf Wildwechsel hinweisen. Statt Rotwild gibt es hier Schilder für Elche und Rens.
Nach zwei Stunden erreichen wir Lulea und den Zug nach Narvik. Mir gegenüber sitzt ein Schwede, der sich als redselig entpuppt. Zunächst erzählt er mir von seiner Tochter, die in Boston studiert hat und mittlerweile als Fotografin in Stockholm arbeitet. Dann erläutert er mir die offensichtlichen und verborgenen Geheimnisse der vorbeiziehenden Landschaft. Ja die Bäume würden jetzt immer kleiner und krüppeliger, bevor sie Gras und Moos weichen würden führt er aus. Die Zäune entlang der Strecke würden Bären, Wölfe, Rentiere und Elche von den Gleisen fernhalten, (hm für letztere dürften die Zäune eher kleine Hindernisse sein).  Interessant sind seine Ausführungen zu Kiruna. Diese schwedische Minenstadt muss in den nächsten zwanzig Jahren verlegt werden, da sich die Mine immer weiter ausbreitet. Das hier gewonnene Eisenerz zählt laut seinen Angaben zu den reinsten in der Welt. Der Großteil wird mit dem Zug nach Narvik gebracht und dort verschifft, dies ist auch der Hauptgrund, warum die Bahnstrecke gebaut wurde, die wir befahren.
Irgendwann, nachdem mein persönlicher Guide ausgestiegen ist, fahren wir für ca. 45 Minuten am 70 Kilometer langen Torniosee entlang. Nach und nach steigen viele der restlichen Mitreisenden aus. Für sie sind die kleinen Bahnstationen Ausgangsbasen für Trekkingtouren durch den Abisko National Park und die UNESCO Weltkulturerbe Stätte Lappland.
Dann erreicht der Zug eine recht karge Hochebene. Die Kulisse ist echt traumhaft: Grün-bemooste Felsen, blau-funkelnde Seen und bunte Holzhäuser.  In einem Tunnel überqueren wir die norwegische Grenze. Obwohl das Land nicht zur EU gehört und sehr strikte Zollvorschriften haben soll, interessiert sich niemand für uns. Noch nicht mal der Personalausweis wird irgendwo kontrolliert. Also Schmuggler – aufgepasst, ;-).
Kurz darauf ändert sich die Landschaft wieder. Tiefe, bewaldete Täler künden von den Fjorden die nur noch wenige Kilometer entfernt sind. Einen dieser Fjorde fahren wir entlang bis Narvik. Hatte ich erwähnt, dass der Himmel blau ist seit wir die Hochebene erreicht haben? Im strahlenden Sonnenlicht bildet das blaue Meerwasser einen schönen Kontrast zu den grauen Felshängen der Berge. Einige Gipfel haben sogar eine weiße Gletscherkappe.
Die Touri-Info in Narvik hat bereits auf Nachsaison umgestellt, d.h. sie ist seit 16 Uhr geschlossen. Hm, dann gibt es eben morgen erst Infos zu Weiterreisemöglichkeiten. Zu Fuß laufen wir durch die warme Sonne zum Hostel. Dieses befindet sich in einem alten Gebäude am Rande der Bahnlinie, auf der das Erz aus Schweden in den Verladehafen gebracht wird. Doch der befürchtete Bahnlärm bleibt aus. Auch sonst ist das Hostel sehr gut. Alles ist angenehm sauber und die Betreiber sind sehr nett. Gut, dass wir Betten im Schlafsaal gebucht haben. Denn der gehört heute uns allein. Mehr Platz für weniger Geld, eine gute Wahl. Vor allem da wir schnell merken, dass man in Norwegen Geld braucht. Denn im Supermarkt trifft uns der Preishammer. Hier ein Auszug: 1 Schlangengurke – 17,5 Kronen (ca. 2,50 Euro); 1Kilo Äpfel – 28 Kronen (ca. 4 Euro); ½ Liter Bier – 25-30 Kronen (ca. 4,50 – 5 Euro). Wow, die lassen sich ihre tollen Fjorde echt bezahlen. Wir begnügen uns heute dann wohl mit einer Packung Fertigreis und ein bisschen Brokkoli. Den richtigen Einkauf verschieben wir auf die Zeit nach unserem Lottogewinn.
Während Janni ihre planmäßige Laufrunde startet, analysiere ich unsere weiteren Reisemöglichkeiten per Internet. Die Lofoten sind echt nicht mehr weit (leider zu weit für eine Tagestour). Als Janni zurück kommt weist sie mich auf die „glühenden“ Gipfel hin. Die hohen Berge rings um den Talkessel von Narvik leuchten im Licht der sinkenden Sonne. Kaum ist diese weg, wird es empfindlich kalt. Zeit für unser Interrailer-Festmahl, ;-).

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