Da wir dieses Mal nicht auf dem Rollfeld aussteigen müssen, sondern die Gangway nutzen können, spüren wir zunächst nichts von einer Klimaveränderung. Irgendwie hätten wir überall landen können. Doch schon an der Rolltreppe merken wir wo wir sind. Die funktioniert nämlich nicht. Laut dem Mann hinter uns tat sie das noch nie. Aber er hat einen effektiven Lösungsvorschlag zur Hand. Einfach eine normale Treppe anlegen.
Kurze Zeit später stehen wir wieder an einem Einwanderungsschalter. Doch wie in New York verläuft auch hier alles bestens. Der Beamte gibt sich größter Mühe mit einer Engelsruhe möglichst unleserliche Stempel in unsere Pässe zu drucken. Aber irgendwann ist er mit seinen Kunstwerken zufrieden und wünscht uns einen guten Tag. Und den starten wir erstmal auf der Flughafentoilette, um wenigstens die gröbsten Reisespuren loszuwerden.
Hier beginnt das Trinidad-Abenteuer mit aller Intensität. Das Wasser, mit dem ich mir die Müdigkeit aus dem Gesicht wasche, hat diesen vertrauten Chlorgeruch. Als nächstes bekommen die Ohren karibische Eindrücke. Sowohl die Verkäuferin im Telefonladen als auch das Personal im Duty-Free-Shop sprechen mit dem liebenswerten Akzent. Im Duty-Free nehmen wir natürlich die obligatorische Flasche Rum mit. Brauchen werden wir sie bestimmt schon bald.
Mit unseren Taschen und der Flasche Rum stehen wir dann kurz drauf am Zoll. Die Beamtin interessiert sich nicht wirklich für unser Gepäck. Auch den Kassenzettel für die Flasche Rum will sie nicht sehen. Sie kommentiert den Einkauf bloß mit „gut“. Wobei unklar bleibt, ob sie es gut findet, dass wir nur eine oder mindestens eine Flasche Rum gekauft haben. Ihr Gesicht deutet letzteres an.
Und dann stehen wir in der Eingangshalle des Flughafens. Leider ist Sterling, unser Fahrer, nicht zu sehen. Dann geht das Warten wohl weiter. Hm, passt mir gerade gar nicht. Aber was soll es. Erstmal den dünnen Pullover abstreifen. Dann laufe ich draußen herum, um nach unserem Fahrer zu schauen und einen ersten Eindruck vom tropischen Wetter zu bekommen. Und das ist durchwachsen. Zwar sind es um 7 Uhr schon ca. 24 Grad, aber es regnet noch immer. Naja, dafür ist es nicht so schwül. Um 8 Uhr habe ich das Warten satt. Ich beschließe noch eine letzte Runde vor dem Flughafen zu drehen bevor ich Lisa anrufen werde, um zu fragen wo Sterling bleibt. Auf dem Rückweg sehe ich jemanden, der mir seltsam bekannt vorkommt. Und tatsächlich es ist Sterling. Mit den kurzen Haaren und in seinem Freizeit-Outfit hatte ich ihn zuvor nicht erkannt. Ihm ging es aber ähnlich. Schließlich wartet er schon seit 6:30 Uhr. Wir verstauen schnell die Koffer und machen uns auf den Weg. Das erste Lied das wir im Radio hören ist der neue Song von Shurwayne. Im Zusammenhang mit dem Blick auf die Silhouette von Trinidads Bergkette, wirkt es fast wie eine perfekte Inszenierung. Schließlich hat Shurwaynes Musik den letzten Aufenthalt maßgeblich geprägt und die Berge haben wir jeden Tag von der Wohnung ausgesehen. Scheinbar ist alles für unsere Ankunft bereit.
Auf der Fahrt zu unserem Appartement erzählt Sterling, dass es zurzeit jeden Tag Schauer gibt. Dabei sollte die Regenzeit seit einem Monat vorbei sein (Danke, Frau Zellmann: Deine missgünstigen Wetterwünsche gehen scheinbar in Erfüllung, ;-)) Sonst gibt es abgesehen von den üblichen Baumaßnahmen aber kaum Veränderungen. Nur die Lebensmittelpreise sind enorm gestiegen. Was wir bei unserem Zwischenstopp am Supermarkt unmittelbar zu spüren bekommen. Das Preisniveau liegt grob geschätzt und nicht ganz repräsentativ ca. 10-20 % über dem von vor zwei Jahren. Die billigsten Nudeln kosten über einen Euro. Und das für gerade mal 400 Gramm.
Apropos Essen. Natürlich können wir den ersten Tag auf Trinidad nicht ohne entsprechendes Frühstück beginnen. Doubbles müssen einfach sein. Wir halten kurz am Straßenrand und holen uns eine Portion. Und wieder passt alles. Denn diese Doubbles sind einfach perfekt. Meiner hat auch genau die richtige Schärfe. Es prickelt angenehm im Mund.
Als wir kurz vor unserer Wohnanlage sind klingelt Sterlings Telefon. Es ist Lisa. Sie will wissen, ob wir gut angekommen sind und teilt uns mit, dass wir am nächsten Tag in einem Video mitspielen sollen. Also alles wie gehabt, Lisa und E-Zone sind immer in Aktion. Wir verabreden, uns später im Büro zu treffen.
Um 10 Uhr (also 15 Uhr deutscher Zeit) sind wir dann endlich an der Wohnung. Wer gut nachgerechnet hat, weiß dass wir von Kiddys Wohnung bis hier her schlappe 27 Stunden und 40 Minuten gebraucht haben. Als wir die Tür öffnen, strömt uns der bekannte Geruch der staubigen Polster entgegen. Auch die Einrichtung hat sich nicht geändert. Eine Glühbirne ist immer noch kaputt. Die Atmosphäre ist so seltsam vertraut, es fühlt sich an, als seien wir nur ein zwei Wochen weg gewesen und nicht knapp zwei Jahre. Wie damals führt auch heute der erste Gang zur Klimaanlage. Dann lüften wir durch, packen die Taschen aus und fallen wie tot ins Bett. Nach sind die Akkus so weit gefüllt, dass wir uns auf den Weg Richtung Büro machen.
Auch auf dem Weg nach Port of Spain umgeben uns vertraute Gefühle. Außerhalb der Wohnanlage sieht alles aus wie immer, nur die Flutlichtmasten an der großen Wiese sind endlich komplett installiert. Aber ansonsten… Die Maxi-Taxis fahren immer noch für drei TT-Dollar. Die Musik dudelt in der gewohnten Lautstärke. Der leicht süßliche und absolut ekelige Geruch am Wassergraben kurz vor Port of Spain (Sandra, ich hoffe es kommen nur Erinnerungen hoch, ;-)) ist noch da. Und auch am Independent Square hat sich nichts verändert. Nur auf dem Weg zum Woodford Square stellen wir fest, dass die riesige Baustelle einem neuen Geschäftshaus gewichen ist. Aber schon beim Taxistand ist dann wieder alles beim alten.
Wir beschließen auf dem Weg nach E-Zone kurz bei Rape Crisis, Kiddys ehemaliger Arbeitsstelle, zu stoppen. Kiddys Angst, dass sie mit den kurzen Haaren gar nicht erkannt wird, ist unbegründet, der Empfang fällt überschwänglich aus. Die Überraschung ist gelungen. Aber auch hier fühlt es sich dann eher so an, als seien wir nur kurz weg gewesen, die Menschen sind so vertraut. Im Arbeitsablauf bei Rape Crisis bemerken wir dann aber doch eine für Trini-Verhältnisse große Überraschung. Mrs Maury eine der Beraterinnen, erzählt uns, dass die Arbeit viel organisierter ist und auch das Fundraising besser klappt, seit die neue Präsidentin im Amt ist. Mittlerweile werden sogar neue Projekte in Angriff genommen. Geplant ist, einen Beratungsraum nur für Kinder einzurichten. Aber nicht alles hat sich geändert. Zu Kiddys Freude werden die von ihr gestalteten Broschüren immer noch verwendet und auch der gebastelte Monatskalender ist auf dem aktuellen Stand.
Von Rape Crisis fahren wir ins E-Zone Büro. Hier herrscht das gewohnte Chaos. Wir platzen mitten in die Vorbereitungen für den morgigen Videodreh. Wie immer wird vieles in letzter Minute organisiert. Zwar kennen wir die neuen Mitarbeiter nicht, aber Camille und Teahnuca empfangen uns herzlich. Im Büro selbst hat sich nicht viel verändert, nur die Büroräume wurden getauscht, aber es herrscht immer noch das vertraute Durcheinander. Lisa ist noch nicht da, also nutzen wir die Zeit um E-Mails zu checken und der Welt mitzuteilen, dass wir gut angekommen sind.
Als Lisa eintrifft, ist die Freude riesig. Schließlich haben wir uns fast 1 ½ Jahre nicht gesehen. Nach der ausgiebigen Begrüßung zeigt Lisa uns stolz die ehemalige Dachterrasse, die gerade zu einem Schulungsraum und weiteren Büroräumen ausgebaut wird. Also ändert sich auch E-Zone. Aber die konfusen Besprechungen gibt es immer noch. Es dauert ca. eine Stunde, bis alle Unklarheiten für morgen geklärt sind. Nur durch sehr hartnäckiges Nachfragen gelingt es uns herauszufinden, was wir alles mitbringen sollen.
Nachdem alles geklärt ist, erfüllen wir Kiddys größten Wunsch und besorgen Bush up shot und Roti zum Abendessen. Dann machen wir uns auf den Heimweg. Wir erreichen die Wohnung fast in Rekordzeit. Die Kombination aus Taxi und Maxi arbeitet heute perfekt. Zuhause angekommen stürzen wir uns auf das Trini-Essen. Hm lecker, genau wie erwartet und vermisst. Der vertraute Geschmack ist das perfekte Ende für den Tag. Wir sind zuhause.

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